04.10.2022

Rechtliche Marketing Todsünden

Fehler im Marketing kann man viele machen. Die Liste an rechtlichen Fallstricken geht schier ins Unendliche. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich in vielen Köpfen die Vorstellung manifestiert hat, dass man insbesondere im deutschen Recht sowieso nie alles richtig machen kann. Umso wichtiger ist es, die tiefen Gruben zu kennen, in die Unternehmen beim (Online-)Marketing fallen können. Denn: Nicht jeder rechtliche Fehltritt wiegt gleich schwer. Nicht jeder Fehler ist eindeutig ein Fehler. Selbst Richter haben es mitunter schwer, Abmahnungen als begründet oder unbegründet einzuordnen. Daher haben wir hier die 4 größten Marketing-Todsünden zusammengefasst.

#1 Belästigende Werbung

Werbung kann ganz schön nerven. Mit belästigender Werbung im Sinne des UWG sind aber keine überlangen Werbespots im Kino oder TV gemeint. Vielmehr geht es darum, wann direkte Werbung, wie etwa ein Newsletter oder ein Werbeflyer, eine unzumutbare Belästigung darstellt. Da diese Art von Werbung in die Privatsphäre der potenziellen Kundschaft eingreift, wird bei der Frage, ob eine bestimmte Werbemaßnahme eine unzumutbare Belästigung darstellt, geschaut, was der Empfänger getan oder eben nicht getan hat. Dabei gibt es Unterschiede zwischen der Art der Werbung.


  • Per Post: Gern, bis die Kundschaft nein sagt

    Wie kann es eigentlich sein, dass im digitalen Zeitalter noch so viel Papierwerbung im Briefkasten per Post landet? Die Antwort ist ganz einfach: Für das Versenden von Briefwerbung benötigen die Absender keinerlei Einwilligung, was natürlich kein Freifahrtschein für das illegale Erwerben von Adressdaten ist.

    Eine Belästigung wird erst dann angenommen, wenn die Werbung gegen den erkennbaren Willen des Empfängers im Briefkasten landet. Widerspricht die Kundschaft also gegenüber dem Unternehmen, sollte dieses das Versenden sofort einstellen. Bei nicht persönlich adressierter Werbung, sondern den klassischen Flyern, die im Gießkannenprinzip überall eingeworfen werden, müssen natürlich entsprechend die Aufkleber auf den Briefkästen berücksichtigt werden.


  • Per E-Mail: Ja, aber nur mit Einwilligung oder bei Vollmond

    Die Werbung per E-Mail ist da schon an strengere Voraussetzungen geknüpft. Da es hier praktisch möglich ist, mit nur einem Klick ganze Postfächer zu fluten, muss hier wesentlich mehr beachtet werden, als bei der Werbung per Post.

    So muss bereits vor dem ersten Absenden eine Einwilligung eingeholt worden sein. Die Krux an der Einwilligung ist, dass diese aktiv geschehen muss. Der Empfänger muss also aktiv ein Häkchen in eine Checkbox gesetzt haben. Diese Einwilligung muss durch den Absender im Streitfall bewiesen werden können. Damit Dritte keinen Unsinn mit den Daten anderer treiben können, hat sich außerdem das sogenannte Double-Opt-In etabliert. Dabei trägt sich jemand in die Verteilerliste für einen Newsletter ein, bekommt dann eine E-Mail mit einem Link, über den die Anmeldung bestätigt werden muss. Erst dann startet der eigentliche Newsletterversand an die eingetragene Adresse. So können Unternehmen wirksam verhindern, dass durch Schreibfehler oder aber Mutwillen Werbung in den Postfächern von Personen landet, die gar keine Einwilligung gegeben haben. Die Bestätigungs-E-Mail darf natürlich keinerlei Werbung enthalten.

    Die sogenannte Bestandskundenwerbung darf hingegen ohne Einwilligung versendet werden. Hier besteht aber das Problem darin, dass insgesamt vier Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Zum einen muss der Empfänger ein Bestandskunde sein und es darf nur Werbung für Produkte oder Dienstleistungen gemacht werden, die ähnlich zu bereits erworbenen Waren sind. Außerdem muss der Empfänger bei der Erhebung der E-Mail-Adresse darüber informiert worden sein, dass die personenbezogenen Daten für Direktwerbung verwendet werden und er muss bei jeder Verwendung auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen werden. Faktisch dürfen im Wege der Bestandskundenwerbung damit keine Standard-Newsletter versendet werden.

#2 Fremde Marken als Keyword

Richtig teuer kann es werden, wenn man als Unternehmen fremde Marken als Keywords verwendet, obwohl diese gar nicht angeboten werden. Hier können nicht nur Mitbewerber eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung aussprechen, nein, auch die Markenrechtinhaber dürfen abmahnen. Immerhin handelt es sich bei der unerlaubten Verwendung fremder Marken oftmals um eine Art der Rufausbeutung. Markenrechtliche Abmahnungen können richtig teuer werden, da es hier oftmals um Gegenstandswerte im sechsstelligen Bereich geht. Abmahnkosten von über 2.000 Euro sind keine Seltenheit. Daher sollten sich Unternehmen zweimal überlegen, ob sie die Marke wirklich als Keyword verwenden dürfen. Eine Verwendung ist dann möglich, wenn das entsprechende Produkt im Sortiment ist.

Etwas anders sieht es bei Werbeanzeigen aus. Hier dürfen fremde Marken verwendet werden, wenn aus dieser Werbung für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer leicht zu erkennen ist, dass die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen weder vom Inhaber der Marke noch von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

#3 Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen  

Jeder, der Nahrungsmittel verkauft, sollte sich einmal mit der Health Claims Verordnung auseinandersetzen. Diese Verordnung legt fest, welche Inhaltsstoffe mit welcher gesundheitsbezogenen Aussage beworben werden dürfen. Die EU-Verordnung hat dazu einen ganzen Anhang. So darf Vitamin C beispielsweise damit beworben werden, dass es zu einer Verringerung von Müdigkeit beiträgt. Das bedeutet jetzt aber nicht, dass geschrieben werden darf: „Orangensaft trägt zur Verringerung der Müdigkeit bei“. Soll ein Fruchtsaft mit dieser Aussage beworben werden, so muss korrekterweise auf das Vitamin C Bezug genommen werden. Richtig ist also: „Das in diesem Orangensaft enthaltene Vitamin C trägt zur Verringerung von Müdigkeit bei.“

Aber: Was sind eigentlich alles gesundheitsbezogene Aussagen?  Darunter kann so ziemlich alles fallen. Die Definition besagt nämlich, dass eine Aussage dann einen Gesundheitsbezug hat, wenn mit ihr erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass das beworbene Lebensmittel eine Auswirkung auf die menschliche Gesundheit hat.

Wie weit diese Definition geht, hat der BGH (Urteil vom 17.05.2018, Aktenzeichen: I ZR 252/16) in seinem viel beachteten Urteil zu Bier bewiesen. Die Bundesrichter kamen nämlich zu dem Ergebnis, dass die Beschreibung „bekömmlich“ einen Gesundheitsbezug hat. Die Aussage, etwas sei bekömmlich, suggeriere, Lebensmittel hätten zumindest keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit. Da nun aber Alkohol aus richtigen und wichtigen Gründen gemäß der HCVO gar nicht mit gesundheitsbezogenen Aussagen beworben werden darf, war nun klar, dass es kein „bekömmliches Bier“ mehr geben darf. Das Gleiche gilt auch für Wein. Noch immer kommt es bei Alkohol zu entsprechenden Abmahnungen. Solltest du Alkohol vertreiben, solltest du also darauf achten, auf keinen Fall mit Bekömmlichkeit zu werben.

#4 Rabatte und Prozente: Die Omnibus-Richtlinie macht Streichpreise zum Problem

Ein relativ neues Minenfeld stellt das Werben mit Rabatten dar. Minenfeld deswegen, da es seit Mai 2022 mit der Omnibus-Richtlinie neue Regeln gibt und diese in manchen Bereichen noch nicht ganz klar sind. Durch die Richtlinie musste die deutsche Preisangabenverordnung in der Hinsicht angepasst werden, dass das Werben mit Preisermäßigungen nun transparenter werden soll.

Im Handel generell muss nun ein Bezugspreis angegeben werden. Dieser Bezugspreis, auch Streichpreis genannt, muss der günstigste, in den letzten 30 Tagen verlangte Preis sein. Damit soll die sogenannte Mondpreiswerbung gekämpft werden. Unklar ist allerdings, ob Werbeaktionen, wie „Heute 10 % auf alles“ noch erlaubt sind. Das muss sich erst durch die Rechtsprechung zeigen.

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Sandra May

Sandra May schreibt seit September 2018 als juristische Expertin für OnlinehändlerNews. Bereits im Studium spezialisierte sie sich auf den Bereich des Wettbewerbs- und Urheberrechts. Nach dem Abschluss ihres Referendariats wagte sie den eher unklassischen Sprung in den Journalismus. Juristische Sachverhalte anschaulich und für Laien verständlich zu erklären, ist genau ihr Ding.

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